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Zahlung eines Betrugsopfers an Heiratsschwindler ist nicht sozialwidrig

Eine Frau, die an einen Heiratsschwindler rund 24.000 Euro gezahlt hat und deswegen mittellos wurde, muss ihr vorläufig bewilligte Hartz-IV-Leistungen nicht an das Jobcenter zurückzahlen. Denn das Verhalten der damals 62-Jährigen sei nicht sozialwidrig gewesen, so das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg. Das Jobcenter hatte der Frau zunächst wegen Mittellosigkeit monatliche Leistungen von etwa 770 Euro bewilligt, dann aber einen Ersatzanspruch nach § 34 Sozialgesetzbuch II (SGB II) hinsichtlich der Leistungen festgestellt: Sie habe ihr Vermögen vermindert, weil sie einen Gesamtbetrag von rund 24.000 Euro ins Ausland transferiert habe, ohne sich die Rückzahlung dieser Beträge zum Beispiel in Form eines Darlehensvertrags zu sichern. Wer seit einem Jahr keine Einnahmen mehr erziele, keine Erwerbstätigkeit in Aussicht habe und dennoch sämtliche Ersparnisse ins Ausland transferiere, um dann einen Monat später einen Antrag auf SGB-II-Leistungen zu stellen, handle grob fahrlässig. Unter Zugrundelegung eines aktuellen monatlichen Bedarfs von rund 770 Euro hätte das transferierte Geld 31 Monate zur Deckung des Lebensunterhalts gereicht.

Das LSG Baden-Württemberg hat den Bescheid auf Geltendmachung eines Ersatzanspruchs aufgehoben. Ein solcher setze ein sozialwidriges Verhalten voraus. Hierunter falle nur das absichtliche Herbeiführen der Hilfebedürftigkeit. Es obliege aber grundsätzlich nicht den staatlichen Stellen zu prüfen, ob die Hilfebedürftigkeit nachvollziehbar, naiv, unbedacht oder moralisch verwerflich entstanden sei. Die Grenze sei vielmehr erst da zu ziehen, wo Vermögen kausal zum Zwecke der Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit verschwendet werde. Anhaltspunkte hierfür lägen nicht vor. Vielmehr dürfte die Klägerin selbst Opfer einer Straftat geworden sein. Charakteristisch für Betrugsopfer dürfte sein, dass deren Verhalten für Außenstehende und im Nachhinein objektiv nicht nachvollziehbar sei. Das Verhalten sei deswegen aber nicht als sozialwidrig anzusehen.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2020, L 9 AS 98/18

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