Wird ein Erbbaurecht gegen Vereinbarung eines Erbbauzinses verlängert, ist grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage der kapitalisierte Erbbauzins für die Verlängerungszeit. Dies stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.
Der Kläger ist Inhaber eines 1960 bestellten Erbbaurechts, das zunächst am 30.09.2040 auslief. Durch Vertrag mit der Grundstückseigentümerin vom 11.10.2016 wurde das Erbbaurecht bis zum 30.09.2096 verlängert. Gleichzeitig wurde mit Wirkung vom 01.10.2016 ein Erbbauzins von 3.992 Euro p.a. nebst Wertsicherungsklausel vereinbart. Streitig war, wie dieser Vorgang grunderwerbsteuerlich zu behandeln ist.
Ist ein Erbbaurecht im Sinne des § 1 Absatz 1 des Erbbaurechtsgesetzes (ErbbauRG), dem eine Erbbauzinsverpflichtung im Sinne des § 9 Absatz 1 ErbbauRG gegenübersteht, Gegenstand eines grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgangs, so sei Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer die auf die vereinbarte Laufzeit des Erbbaurechts kapitalisierte Erbbauzinsverpflichtung, führt der BFH hierzu aus. Entsprechendes gelte, wenn Gegenstand des Erwerbsvorgangs das verlängerte Erbbaurecht ist. In diesem Fall sei der auf die Laufzeit der Verlängerung des Erbbaurechts kapitalisierte Erbbauzins als Wert der Gegenleistung der Bemessung der Grunderwerbsteuer zugrunde zu legen.
Laut BFH baut diese Berechnungsweise folgerichtig auf der Grunderwerbsteuerpflicht selbst auf. Die Verlängerung des Erbbaurechts stehe ebenso wie die Übertragung eines bestehenden Erbbaurechts und die Bildung (Bestellung) eines Erbbaurechts der Übereignung gleich.
Wegen des Zeitbezugs des Erbbaurechts sei die seitens des Klägers thematisierte Frage des bürgerlich-rechtlichen Rechtsträgerwechsels nicht mehr erheblich, so der BFH. Für diejenige Zeit, auf die sich die Verlängerung des Erbbaurechts bezieht, finde auch bürgerlich-rechtlich die Abspaltung des Erbbaurechts vom Eigentum nicht anders statt, als dies bei einer Neubestellung des Erbbaurechts der Fall gewesen wäre. Denn ohne Verlängerung ende das Erbbaurecht ohne Zutun der Parteien. Es treffe deshalb nicht zu, dass die Situation von vornherein auf Kontinuität angelegt wäre. Dies gelte nur bis zum Auslaufdatum der jeweiligen Erbbaurechtsbestellung, gerade nicht darüber hinaus. Bürgerlich-rechtlich und demzufolge auch steuerrechtlich stelle es einen erheblichen Unterschied dar, ob die Gesamtlaufzeit durch eine einmalige langfristige Erbbaurechtsbestellung oder durch Verlängerung(en) entsteht. Im ersten Fall seien die Vertragsparteien von vornherein für die Gesamtlaufzeit gebunden. Im zweiten Fall hätten sie zu jedem Auslaufdatum die Wahl, ob und zu welchen Bedingungen sie das Erbbaurecht verlängern. Es stünde dazu im Widerspruch, wenn Verlängerungen über den Zeitraum von 101 Jahren hinaus, von dem an der Vervielfältiger nach Anlage 9a zum BewG bei 18,600 verharrt, stets zu einer Bemessungsgrundlage von null Euro führten.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.04.2020, II B 80/19