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Ausländische Stiftung: Gemeinnützigkeit richtet sich nach deutschem Recht

Die Anerkennung einer ausländischen Stiftung als gemeinnützig richtet sich allein nach deutschem Recht. Dies stellt das Finanzgericht (FG) Niedersachsen klar.

Geklagt hatte eine rechtsfähige Stiftung nach österreichischem Recht, die unter Anwendung des so genannten Typenvergleichs nach den Feststellungen des FG nach ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Struktur einem deutschen Körperschaftsteuersubjekt entspricht. Sie fällt damit in den Anwendungsbereich des § 2 Nr. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG), sodass im Streitfall das Verfahren wegen gesonderter Feststellung gemäß § 60a Absatz 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Nr. 2 AO über die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO als Annexverfahren zur Körperschaftsteuer anzuwenden war. Die Klägerin verfügte über Vermögen im Inland sowie in Österreich und war nach österreichischem Recht als gemeinnützig anerkannt. Nach ihrer Satzung ist Stiftungszweck die Förderung von Kunst und Kultur, insbesondere des politischen deutschsprachigen Kabaretts im Sinne des Lebenswerkes des Stifterehepaares. Nach den weiteren Bestimmungen der Satzung verfolgt die Stiftung mildtätige und gemeinnützige Ziele im Sinne der österreichischen Bundesabgabenordnung. Die Satzung der Klägerin entspricht nicht vollständig der Mustersatzung nach § 60 Absatz 1 Satz 2 AO.

Nach dem Gerichtsbescheid des FG erfüllt die Satzung der Klägerin dennoch die Voraussetzungen der §§ 51, 59, 60 und 61 AO. Ausgangspunkt und Maßstab der Prüfung sei dabei allein das (innerstaatliche) deutsche Recht, unabhängig davon, dass die betreffende Körperschaft im Ausland ansässig ist. Die Bundesrepublik Deutschland sei auch aus Gründen des Unionsrechts – insbesondere der Grundfreiheiten – nicht verpflichtet, den Gemeinnützigkeitsstatus ausländischen Rechts anzuerkennen. Ausgangspunkt und Maßstab seien sonach allein § 5 Absatz 1 Nr. 9 Satz 1 KStG in Verbindung mit §§ 52 ff. AO. Die Satzung der Klägerin müsse daher gemäß § 60 Absatz 1 Satz 2 AO die in der Anlage 1 zur AO bezeichneten Festlegungen enthalten.

Dabei sei bei der im Streitfall vorliegenden grenzüberschreitenden Gemeinnützigkeit im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Grundfreiheiten nach Auffassung des Gerichts jedoch zu berücksichtigen, dass ausländische Körperschaften typischerweise keine den Vorgaben des § 60 Absatz 1 Satz 2 AO entsprechende Satzung haben, sodass die vorgenannten Regelungen eine (mittelbare) Diskriminierung der ausländischen Körperschaften beinhalten würden, ohne dass hierfür eine Rechtfertigung bestünde. § 60 Absatz 1 Satz 2 AO müsse damit im Lichte der Grundfreiheiten einschränkend in der Weise ausgelegt werden, dass im Ergebnis auch eine nicht in deutscher Sprache abgefasste Satzung genüge, wenn diese materiell vergleichbare Festlegungen enthalte. Dies muss zur Überzeugung des FG auch dann gelten, wenn die Satzung zwar – wie im Streitfall – in deutscher Sprache abgefasst ist, aber von der Mustersatzung abweichende Formulierungen enthält. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Senat in seiner Entscheidung festgestellt, dass das beklagte Finanzamt zum Erlass eines Feststellungsbescheides nach § 60a AO verpflichtet ist. Das FG hat die Revision zugelassen, da die Frage des Zusammenwirkens der Vorschriften anderer Staaten (hier der österreichischen Bundesabgabenordnung) mit den deutschen Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts bei im Inland beschränkt steuerpflichtigen ausländischen Stiftungen bisher nicht höchstrichterlich entschieden sei.

Finanzgericht Niedersachsen, Gerichtsbescheid vom 04.05.2020, 6 K 53/18, nicht rechtskräftig

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