Auch während eines laufenden finanzgerichtlichen Klageverfahrens besteht für das Finanzamt die Möglichkeit, den angefochtenen Bescheid zugunsten oder zuungunsten der Kläger zu ändern. Der geänderte Bescheid wird sodann durch gesetzliche Anordnung (automatisch) zum Gegenstand des Verfahrens (§ 68 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO). Hierauf weist das Finanzgericht (FG) Niedersachsen in seinem Newsletter vom Februar 2022 hin.
Ein weiteres Einspruchsverfahren gegen den geänderten Bescheid sei nicht notwendig und auch nicht zulässig. Vielmehr sei ein Einspruch in diesem Fall ausgeschlossen (§ 68 Satz 2 FGO). Der Kläger müsse nun auf die geänderte Regelung im Klageverfahren reagieren. In welcher Weise er reagieren sollte, hänge vom Inhalt des Änderungsbescheides ab:
Sofern das Finanzamt einen Abhilfebescheid erlassen hat, also dem Klagebegehren in vollem Umfang entsprochen hat, entfalle regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung des Gerichts in der Sache. Sollten keine weiteren Streitpunkte vorhanden sein, die bisher nicht angesprochen worden ist, liege es nahe, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, sodass das Gericht nur noch über die Kosten entscheidet.
Wenn das Finanzamt mit dem Änderungsbescheid dem Klagebegehren nur teilweise entspricht, sollte der Kläger sein Klagebegehren überprüfen und den Klageantrag gegebenenfalls entsprechend einschränken, um negative Kostenfolgen zu vermeiden. Weiterhin könne er überlegen, ob er die Klage wegen noch offener Streitpunkte fortführt oder ob er den Rechtsstreit aufgrund der teilweisen Abhilfe als erledigt ansieht und eine entsprechende Erledigungserklärung abgibt.
Wenn der Änderungsbescheid jedoch neue Regelungen zuungunsten des Klägers enthält und diese aus seiner Sicht rechtswidrig sind, sollte das Klagebegehren angepasst werden. Der Kläger sollte dann sowohl seinen Klageantrag erweitern und die Klagebegründung ergänzen. In der Praxis könne dies beispielsweise vorkommen, wenn während eines bereits anhängigen Klageverfahren eine zugleich noch laufende Außenprüfung abgeschlossen wird und sodann aufgrund der Prüfungsfeststellungen Änderungsbescheide ergehen. Hier sollte unbedingt beachtet werden, dass das Gericht ohne eine Reaktion des Klägers auf den Änderungsbescheid an das ursprüngliche Klagebegehren gebunden ist. Bei einer Entscheidung durch Urteil würde sodann auch die Änderung nach der Außenprüfung rechtskräftig und könnte nicht mehr zulässig angefochten werden.
Finanzgericht Niedersachsen, Newsletter vom Februar 2022.