Die Verpflichtung, vor Teilnahme am Präsenzunterricht in Schulen ein negatives Coronavirus-Testergebnis vorweisen zu müssen, ist nach vorläufiger Einschätzung rechtmäßig. Dies hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (OVG) in zwei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden. Gegen die seit dem 18.04.2021 in Schleswig-Holstein geltende Schulen-Coronaverordnung hatten sich sieben Schüler aus Grundund weiterführenden Schulen in Kiel und Kronshagen (Kreis Rendsburg-Eckernförde) in zwei Eilanträgen im Normenkontrollverfahren gewendet.
Das OVG wies die gegen den obligatorischen Coronavirus-Test vorgebrachten Argumente der Antragsteller zurück. Das Infektionsschutzgesetz gebe die Möglichkeit, durch Auflagen eine Gemeinschaftseinrichtung – dazu zählten auch Schulen – fortzuführen. Die Auflage, den Schulbesuch vom Testergebnis abhängig zu machen, sei zulässig und verhältnismäßig. Sie diene dem legitimen Zweck, Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen. Die verwendeten Antigen-Schnelltests und gegebenenfalls nachfolgenden PCR-Tests als geltender „Goldstandard“ seien zur Klärung des Verdachts auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 geeignet. Die Zugangsbeschränkung sei erforderlich, um Schulschließungen zu vermeiden und den verfassungsrechtlichen Bildungsauftrag nach Artikel 7 Grundgesetz (GG), Artikel 10 Absatz 3 und Artikel 12 Verfassung des Landes Schleswig-Holstein umzusetzen.
Angesichts der mit der „dritten Welle“ einhergehenden unverändert hohen Zahl an täglichen Neuinfektionen vor allem mit der britischen Virusmutante B.1.1.7. und des demgegenüber relativ geringen Eingriffs in das Recht auf die körperliche Unversehrtheit der betroffenen Schüler sowie der Lehrkräfte (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG) erscheine die Zugangsbeschränkung mit Testobliegenheit angemessen. Den Schülern verbleibe nach der Verordnung die Möglichkeit, den Test zu Hause selbst oder mit Hilfe der Eltern durchzuführen. Für Schüler ohne negatives Testergebnis sei ein Lernen in Distanz vorgesehen.
Letztlich führe der Umstand, dass die streitgegenständliche Verordnung auf den 09.05.2021 befristet ist, dazu, die Auflage als angemessen anzusehen. Der Verordnungsgeber sei bei dem derzeit äußerst volatilen Infektionsgeschehen aufgrund seiner staatlichen Schutzpflicht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG gehalten, die Lage ständig unter Beobachtung zu halten und die zu treffenden Maßnahmen dem Infektionsgeschehen anzupassen.
Das OVG hat in einem Verfahren auch – unter Verweis auf frühere Entscheidungen – die Regelungen zur Masken- und Abstandspflicht erneut bestätigt. Die geltend gemachten Interessen der Schüler seien gewichtig, aber nach dem hier anzulegenden strengen Maßstab nicht derart schwerwiegend, dass es unzumutbar erschiene, sie einstweilen zurückzustellen, um einen möglichst weitgehenden Gesundheitsund Lebensschutz zu ermöglichen. Dazu sei der Staat aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit in Artikel 2 Absatz 2 GG verpflichtet.
Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein, 3 MB 23/21 und 3 MB 25/21, unanfechtbar