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Familiärer Arbeitsaufenthalt in China: Dennoch deutsches Kindergeld?

Hatten Eltern in einem Zeitraum, in dem sie sich mit ihrer Familie überwiegend in China aufhalten, zusammen mit ihren Kindern noch einen inländischen Wohnsitz und in der Konsequenz einen deutschen Kindergeldanspruch? Hierüber musste das Finanzgericht (FG) Hessen entscheiden.

Im zugrunde liegenden Fall ist die Klägerin Mutter von Zwillingen. Diese wurden 2008 in Deutschland geboren und lebten zunächst ununterbrochen mit ihren Eltern in einem Haus in Hessen. Das Haus steht im Eigentum einer GmbH, deren Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Ehemann E der Klägerin ist. Der Nutzung des Hauses lag ein zwischen der GmbH und E geschlossener Mietvertrag zugrunde.

Im Sommer 2019 wurde der Ehemann der Klägerin – wie bereits zuvor – für drei Jahre nach China entsandt. Die Klägerin und die Kinder folgten ihm dorthin und verbrachten die meiste Zeit des Jahres in China. Die Klägerin will mit ihrer Familie aber die Sommerferien (circa zwei Monate) und teilweise auch einige Wochen im Frühjahr in Deutschland verbringen. Dabei soll erneut das im Eigentum der GmbH stehende Haus in Hessen zu Wohnzwecken genutzt werden. Seit der Geburt der Kinder steht dieses Haus der Klägerin und ihrer Familie während ihrer Aufenthalte in Deutschland zur Verfügung. Es ist mit Möbeln der Klägerin und ihrer Familie ausgestattet, die in den vergangenen Jahren durchgehend in dem Haus aufgestellt waren und auch während der erneuten Abordnungszeit dort verbleiben sollen. Eine Nutzung des Hauses durch andere Personen als die Klägerin und ihre Familienangehörigen soll nicht erfolgen. Am 25.06.2019 schlossen die GmbH und E einen Nachtrag zum Geschäftsführervertrag, in dem unter § 4 (Miete) geregelt wird, dass der Geschäftsführer mit seinen Familienangehörigen während seines jährlichen Aufenthalts in Deutschland in seiner bisherigen Wohnung in Hessen wohnt und er während dieser Zeit die bisherige Miete zahlt. Des Weiteren wird darin geregelt, dass ihm (und seinen Familienangehörigen) nach Beendigung der Entsendung die Wohnung wieder dauerhaft und uneingeschränkt zur Verfügung steht.

Das FG hat der Klägerin einen Kindergeldanspruch zuerkannt. Dass dem Ehemann der Klägerin und seiner Familie laut dem Nachtrag zum Geschäftsführervertrag nur für die Monate des inländischen Aufenthalts ein Nutzungsrecht an der Wohnung zustand, führe nicht zu der Annahme, dass eine Nutzungsbefugnis in der verbleibenden Zeit (also während der China-Aufenthalte) nicht gegeben war. Das ergibt sich laut FG vor dem Hintergrund, dass im Rahmen des § 8 Abgabenordnung (AO – Wohnsitz) nicht auf die rechtlichen, sondern die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen sei. Zwar möge der Ehemann der Klägerin während der Zeit des Aufenthalts in China kein rechtlich verbrieftes Nutzungsrecht an der Wohnung haben. Tatsächlich habe ihm das Haus jedoch (durchgehend) zur Verfügung gestanden, was sich aus seiner Stellung als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH ergeben habe. Er habe es als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer selbst in der Hand gehabt, sich selbst beziehungsweise seiner Familie die Wohnung jederzeit zur Nutzung zu überlassen. Dass ihm beziehungsweise seiner Familie die Nutzung der Wohnung rechtlich verbrieft nicht durchgehend zur Verfügung stand, ändere nichts hieran nichts. Insoweit reicht laut FG die Möglichkeit der jederzeitigen Nutzung aus. Dies sei für eine jederzeitige Verfügungsbefugnis im Sinne des § 8 AO ausreichend.

Auch der Umstand, dass die Klägerin beziehungsweise ihr Ehemann während der Aufenthaltszeiten der Familie in China keine Miete für die deutsche Wohnung zu bezahlen hatte, führe zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Die tatsächliche Verfügungsbefugnis setze nicht voraus, dass ganzjährig Miete bezahlt wird; sie könne sich auch ohne eine entsprechende gegenseitige Verpflichtung ergeben, so das FG abschließend.

Finanzgericht Hessen, Urteil vom 11.03.2020, 3 K 1554/19

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