Die Nichtberücksichtigung des eigenen Verschuldens der Familienkasse kann im Einzelfall zur Ermessensreduzierung auf Null führen. Dies stellt das Finanzgericht (FG) Kiel klar. Es hat außerdem erkannt, dass die Familienkasse ein Mitverschulden an der Höhe des Rückforderungsbetrages trifft, wenn sie die halbjährlichen elektronischen Überprüfungsanstöße lediglich abheftet und keine weitere Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen vornimmt und sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld nicht vorgelegen haben.
Im Streitfall erhielt ein abzweigungsberechtigtes Kind Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II vom Jobcenter mit der Folge, dass das Kindergeld komplett angerechnet wurde. Das Kind war bei der Bundesagentur für Arbeit – Jobcenter – ausbildungsplatzsuchend gemeldet, hatte es aber unterlassen, sich zu bewerben. Da die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch bei fehlender Kommunikation zwischen Jobcenter und Familienkasse die Rückforderung von Kindergeld als rechtmäßig ansieht, kommen bei nicht halbjähriger Überprüfung der Kindergeldvoraussetzungen bei Nichterfüllen derselben sehr hohe Rückzahlungsbeträge zustande. Das abzweigungsberechtigte Kind muss das Kindergeld zurückzahlen und bekommt das Jobcentergeld nicht rückwirkend ausbezahlt. Diese auch in den Familienkassen bekannte Problematik verpflichtet sie nach Auffassung des FG Kiel, in besonderem Maße die Prüfungsanstöße des internen Systems zu beachten. Die unterlassene interne Überprüfung der Kindergeldvoraussetzungen lasse die Verletzung der Mitwirkungspflichtdurch den Kindergeldberechtigten derart zurücktreten, dass nur ein Erlass des dadurch – erhöhten – Rückforderungsbetrages ermessensgerecht ist (Ermessensreduzierung auf Null).
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Familienkasse hin hat der BFH die Revision zugelassen (III R 45/19). FG Kiel, Urteil vom 25.03.2019, 3 K 9/18, nicht rechtskräftig