Die Belastung einer zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Teilfläche mit einem Erbbaurecht führt auch dann zu einer Zwangsentnahme, wenn es tatsächlich nicht zur ursprünglich geplanten Bebauung kommt. Dies hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines circa 14 Hektar großen Grundstücks, das ursprünglich von ihrem Vater landwirtschaftlich genutzt und nach Aufgabe der Landwirtschaft parzellenweise an unterschiedliche Pächter verpachtet wurde. Die Klägerin führte die Verpachtungen nach dem Tod des Vaters fort und erklärte hieraus Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Im Wirtschaftsjahr 2011/12 bestellte sie auf einer Teilfläche von circa 3,5 Hektar zugunsten einer KG ein Erbbaurecht für die Dauer von 50 Jahren mit einer zweimaligen Verlängerungsoption um jeweils 15 Jahre. Die KG verpflichtete sich, hierauf Gebäude für ihren Produktionsbetrieb zu errichten. Tatsächlich nahm die KG die geplante Bebauung jedoch nicht vor, sodass die Teilfläche weiterhin für den Getreideanbau genutzt wurde.
Das Finanzamt meinte, die Bestellung des Erbbaurechts habe zu einer Zwangsentnahme der Teilfläche geführt. Es erfasste daher im Wirtschaftsjahr 2011/12 einen Entnahmegewinn und behandelte die Erbbauzinsen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), die die aus einer Erbbaurechtsbestellung resultierende endgültige Nutzungsänderung von mehr als zehn Prozent der Gesamtfläche eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs als Entnahme behandele, nicht eingreife, wenn die geplante Bebauung tatsächlich nicht (zeitnah) erfolge.
Dem ist das FG Münster nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe die streitige Teilfläche von 3,5 Hektar mit Bestellung des Erbbaurechts aus dem Betriebsvermögen ihres landund forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs entnommen. Eine solche Nutzungsänderung führe bei verpachteten landwirtschaftlichen Flächen nach der BFH-Rechtsprechung zu einer Zwangsentnahme, wenn die Vermögensverwaltung die landwirtschaftliche Betätigung verdrängt. Betreffe die Nutzungsänderung nicht mehr als zehn Prozent der land- oder forstwirtschaftlichen Fläche, sei dies unschädlich. Im Streitfall sei eine Teilfläche von circa 25 Prozent bezogen auf die Gesamtfläche aller Betriebsgrundstücke betroffen, sodass die Zehn-Prozent-Grenze deutlich überschritten sei. Durch die Bestellung des Erbbaurechts für einen Zeitraum von 50 bis 80 Jahren sei das Grundstück dauerhaft dem Betrieb der Klägerin entzogen worden.
Dass es tatsächlich bislang nicht zu der geplanten Bebauung gekommen sei, sei nicht von Bedeutung, da bereits die Bestellung des Erbbaurechts, mit der sich die Erbbauberechtigte vertraglich zur Bebauung verpflichtet habe, zu einer Entnahme führe. Da lediglich der Wille des Betriebsinhabers – hier der Klägerin – für die Entnahmehandlung maßgeblich sei, komme es auf die spätere Änderung der Absichten eines Dritten – hier der Erbbauberechtigten – nicht an.
Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 15.09.2021, 13 K 2130/17 E,AO